Warum die wohl unbeliebteste Aufgabe im cwirbelwind-Atelier das Aufmalen des Mundes auf ein Motiv ist.
„Michelle, magst du dem Rössli den Mund aufmalen?“, fragt mich cwirbelwind-Mitarbeiterin Sybille und streckt mir aufmunternd ein beinahe fertiges Chindsgitäschli entgegen. Ich wehre erschrocken ab – und ernte schallendes Gelächter.
In den darauffolgenden Minuten werde ich darüber aufgeklärt, was es mit den Mündern bei cwirbelwind auf sich hat. Die sind nämlich tatsächlich eine Art Sorgenkind. Schon klar – wer bei einem fixfertigen Täschli im allerletzten Schritt einem Tierli oder einer Prinzessin den Mund aufmalt und diesen verpfuscht, der hat im schlimmsten Fall das gesamte Täschli ruiniert. Die Verantwortung trägt keine der Näherinnen gerne.
Erst malen oder erst nähen?
„Ich male den Mund meist auf das Motiv auf, bevor ich das gesamte Täschli zusammennähe“, erklärt mir Näherin Käthi. Allerdings müsse man dann wahnsinnig aufpassen, dass man den Mund nicht versehentlich noch verschmiere – weshalb auch nicht alle Näherinnen diese Reihenfolge wählen. Zudem können auf Täschli, welche zunächst fürs Lager produziert werden, keine Münder aufgemalt werden – die Farbe würde mit der Zeit leicht verblassen, und das Täschli soll ja in perfektem Zustand beim künftigen Besitzer ankommen.
Es kommt deswegen durchaus vor, dass die Täschli von Mitarbeiterin zu Mitarbeitern geschoben werden, weil sich grade keine eine ausreichend ruhige Hand zutraut. Und hin und wieder trifft cwirbelwind-Chefin Caterina morgens dann einen Stapel Täschli auf ihrem Schreibtisch an – im Zweifelsfall muss die Chefin selbst Hand anlegen.
Ich merke mir: Wenn ich in Zukunft an einer cwirbelwind-Mitarbeiterin mit Filzstift in der Hand vorbeilaufe, mache ich erstens einen weiten Bogen um sie herum und bin zweitens aufs Sorgfältigste darauf bedacht, sie auf keinen Fall zu erschrecken.
Wieder zuhause nehme ich als allererstes gespannt die Chindsgitäschli meiner Töchter unter die Lupe – auf beiden prangen einwandfreie, schöne Münder…